Ausgangsposition
Urheberrechtspolitik ist auch Kulturpolitik. Mit einer klaren Position unter Einbeziehung unserer kulturpolitischen und netzpolitischen Kompetenz, haben wir als Partei einen singulären politischen Standpunkt. Dieses Papier soll für die Zusammenführung der Standpunkte aller innerparteilichen Bereiche die Position der BAG Kultur darstellen.
Grüne Politik bewertet Fortschritt an seinen Konsequenzen für die menschliche Gesellschaft und die natürlichen Lebensgrundlagen. Sie bezieht in den politischen Standpunkt immer eine ausgewogene Betrachtung und die Abwägung aller betroffenen Interessen unter besonderer Beachtung der gesamtgesellschaftlichen Weiterentwicklung mit ein. Der Beschluss „Offenheit, Freiheit, Teilhabe – die Chancen des Internets nutzen – den digitalen Wandel grün gestalten!“ der Bundesdelegiertenkonferenz vom 27.11.2011 in Kiel fordert, dass „das Urheberrecht […] die Potenziale der Digitalisierung weder ignorieren noch behindern“ darf. Wir müssen definieren, welche Potenziale mit einer grünen Idee von gesellschaftlichem Fortschritt vereinbar sind. Die Deklaration der Menschenrechte zeigt in Artikel 27 genau die beiden Pole, zwischen denen sich grüne Urheberrechts- respektive Kulturpolitik bewegen muss.
1. Jeder hat das Recht am kulturellen Leben der Gemeinschaft frei teilzunehmen, sich an den Künsten zu erfreuen und am wissenschaftlichen Fortschritt und dessen Errungenschaften teilzuhaben.
2. Jeder hat das Recht auf Schutz der geistigen und materiellen Interessen, die ihm als Urheber von Werken der Wissenschaft, Literatur oder Kunst erwachsen“
(Artikel 27, Deklaration der Menschenrechte, 1948)
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Kultur ist als Spiegel und Ausdruck einer Gesellschaft in ihrer Zeit, als Korrektiv und Katalysator gesellschaftlicher Veränderung ein unbedingt schützenswertes Gut. Eine rechtlich abgesicherte und funktionierende Kulturwirtschaft ist notwendige Grundlage für die Entfaltung von Kunst und Kultur. Bildende und darstellende Künstler, Autoren, Musiker, Komponisten, Fotografen, Architekten, Designer, Spielentwickler, Filmemacher und Comiczeichner benötigen Partner zur Verbreitung der Ergebnisse ihres Schaffens. Es sind vor allem kleine und kleinste Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft sowie viele Freiberufler, die sich der Schaffung und Förderung von kulturellen Werken widmen. Diese Partnerschaften sind heute wichtiger denn je, denn der digitale Wandel bedeutet bei allen Chancen auch ein viel komplexeres und komplizierteres Umfeld für Kulturschaffende.
Nachhaltige Kulturpolitik bedeutet, den Kulturschaffenden ein Umfeld zu geben, welches Kreativität ermöglicht und materiell absichert. Dazu müssen Werke und Leistungen weiterhin rechtlich geschützt werden. Dabei muss es weiterhin grüne Politik bleiben, dass die Schwachen gegenüber marktbeherrschenden Großkonzernen gestärkt werden. Wir werden deshalb ein verstärktes Augenmerk auf die Beziehungen und Abhängigkeiten zwischen großen Vermarktern wie Apple, Facebook, Microsoft, Youtube, Google u.ä. Verlegern und Verlagen, Labeln, Sendern und Verwertungsgesellschaften auf der einen Seite und den Kulturschaffenden auf der anderen Seite richten.Das kommt letztlich den Nutzern zu Gute, die zu Recht ein breites Angebot an einfachen, sicheren, legalen und bezahlbaren Vertriebswegen verlangen.
Schutz (der Urheber) darf dabei nicht Schutz um jeden Preis bedeuten: Bürgerrechte und die Freiheit von Bildung, Wissen und Kommunikation benötigen gleichermaßen besonderen Schutz. Daher ist eine klare Definition von Privatheit und Öffentlichkeit eine der wichtigsten Voraussetzungen für Politik im digitalen Raum. Die Beachtung grund- und menschenrechtlicher Schutzräume ist unabdingbar. Hierbei ist zu beachten, dass neben Freiheits- und Bürgerrechten eben auch Eigentumsrechte einen Schutz auf gleichem Niveau erhalten und Schutzrechte eine wesentliche Säule des Funktionierens unserer Gesellschaft darstellen. Eine kluge Abwägung zwischen dem Schutz geistigen Eigentums und der Wahrung von Bürgerrechten ist die Herausforderung, der sich grüne Politik im digitalen Raum stellen muss.
Selbstbestimmung der Kulturschaffenden stärken
Grüne Wirtschaftspolitik im digitalen Raum will denjenigen, die unternehmerisch tätig sind, ein faires Umfeld schaffen. Das muss auch für die Kulturwirtschaft gelten. Fairness bedeutet, Recht so zu gestalten, dass das Verhältnis von Kulturschaffenden, Verwertern, Vermittlern und Nutzern ausgeglichen ist. Kulturschaffende und Verwerter müssen zu jeder Zeit auf Augenhöhe verhandeln können. Kulturschaffende müssen Kontrolle darüber erhalten, was mit ihrem Werk geschieht. Wenn Kulturschaffende Rechte an der Nutzung ihrer Werke an Dritte übertragen, muss der vertragsrechtliche Rahmen ihnen eine angemessene Vergütung und die Wahrung ihrer Urheberrechte garantieren. Da Kreative in Verhandlung mit Verwertern häufig eine wesentlich schwächere Verhandlungsposition innehaben, fordern wir, dass verpflichtende Mindestbeteiligungssansprüche für UrheberInnen und Leistungsschutzberechtigte gesetzlich festgeschrieben werden. Dies ist ein notwendiger Schritt, der unter Berücksichtigung aller branchenspezifischen Besonderheiten, zu einer insgesamt besseren finanziellen Situation von UrheberInnen führen wird. Es ist zwar einer UrheberIn auch nach geltender Rechtslage möglich, die Nacherfüllung etwaiger Ansprüche aus einem bei Vertragsschluss unabsehbaren kommerziellen Erfolg einzuklagen, jedoch sind der damit verbundene Aufwand und die offenkundige Rechtsunsicherheit für die UrheberIn nicht hinnehmbar. Oft müssen UrheberInnen in mehrstufigen Verfahren zunächst über mehrere Instanzen hinweg, Auskünfte über die ihnen verwehrten Vergütungen einklagen, um anschließend wieder, in der ersten Instanz beginnend und über mehrere Instanzen hinweg, ihre eigentlichen Ansprüche einzufordern. Wir fordern, dass §32 UrhG und §32a UrhG so geändert bzw. präzisiert werden, dass Lizenznehmer und Drittnutzer, Urhebern und Leistungsschutzberechtigten gegenüber verpflichtet werden, Auskünfte über ihre Erträge aus Werknutzungen zu erteilen. Dies muss auch solche Drittnutzer einschließen, die in keinem direkten Vertragsverhältnis mit Lizenznehmern stehen. Der Ertragsbegriff muss darüber hinaus urheberrechtlich insofern präzisiert werden, als damit nicht nur die Gewinne, sondern die tatsächlichen Erträge, aus Werknutzungen gemeint sein können. Dann könnte Verträgen eine Klausel angefügt werden, welche eine “Erfolgsgrenze” festsetzt, ab der UrheberInnen und Leistungsschutzberechtigte gegebenenfalls über eine ursprüngliche Einmalvergütung hinaus automatisch weitere Ansprüche erhält.
Kulturschaffende müssen selbstbestimmt über ihre Werke entscheiden dürfen!
Die transparente und nutzungsbezogene und möglichst direkte Vergütung der Künstler muss die oberste Maxime der Vergütung für kreative Leistungen sein. Jede Form der Reduzierung der dem Kreativen zustehenden Verbotsrechte erfordert ein erweitertes System der Pauschalvergütungen. Dies ist mit dem Anspruch nach weitestgehender Selbstbestimmung der Künstler über ihre Werke nur schwer vereinbar. Wir sehen bei bereits bestehenden Pauschalvergütungssystemen, dass es fast unmöglich ist, ohne konkrete Nutzungsinformationen, eine faire Vergütung der Kreativen herzustellen.
Dem Kulturschaffenden muss es im Wesentlichen selbst überlassen bleiben, über die Bedingungen der jeweiligen Werk- oder Leistungsnutzung zu entscheiden. Das Urheberrecht muss hierzu angemessene Rahmenbedingungen definieren, innerhalb derer kreative Leistungen effektiv geschützt und Pauschalvergütungssysteme die Ausnahme sind – denkbar sind sie im Rahmen der Vergütung privater Nutzung, ähnlich den bestehenden Abgaben für Leermedien, aber sie bedürften sicher einer Reform der bestehenden Verwertungsgesellschaften und derer Vergütungssysteme hin zu einer faireren und transparenteren Struktur. Dabei geht es nicht nur um den Schutz der Rechte der Werkschaffenden, denen z.B. die Möglichkeit erhalten werden soll, Creative Commons Lizenzen zu autorisieren oder Freeware / Shareware Modelle zu nutzen, sondern explizit auch um den Schutz der Nutzer, die selbiges dann nutzen können, ohne Gefahr zu laufen, abgemahnt oder strafrechtlich verfolgt zu werden. Wir wollen den Einsatz von Creative Commons Lizenzen innerhalb der Tarifkataloge von Verwertungsgesellschaften und als Richtschnur für staatlich mitfinanzierte Werke konstruktiv kritisch prüfen.
Verbesserung und Stärkung der Systeme der kollektiven Rechtewahrnehmung
Die massenhafte Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke und Leistungen bedarf eines Nutzer- und Urheberinteressen angemessen berücksichtigenden starken Systems der kollektiven Rechtewahrnehmung. Dies gilt insbesondere für Situationen, in denen die individuelle Wahrnehmungen von Rechten durch die Kulturschaffenden aufgrund der geringen Vergütungshöhe im Einzelfall administrativ von diesen nicht zu bewerkstelligen ist. Das System der kollektiven Rechtewahrnehmung bedeutet darüber hinaus, eine Stärkung der Verhandlungsposition der Kulturschaffenden gegenüber marktstarken Nutzern und Verwertern.
Hier ist insbesondere die europäische Politik gefordert, die Betrachtung der Verwertungsgesellschaften unter kartellrechtlichen Aspekten zu beenden und die paneuropäische Lizenzierung wieder zu ermöglichen. Dies ist ganz wesentlich auch im Interesse der Nutzer, denen es nur unter allergrößtem Einsatz überhaupt möglich ist, paneuropäische Lizenzierungen mit jeweils nur national agierenden Verwertungsgesellschaften zu realisieren. Durch die Behinderung der Schaffung von One-Stop-Shopping-Systemen zur paneuropäischen Lizenzierung durch die Verwertungsgesellschaften am Sitz des Nutzers hat die EU die Entwicklung des digitalen Marktes ganz entscheidend geschwächt. Dies hat zu einer massiven Rechtsunsicherheit geführt, in der sich lediglich marktführende Verwerter platzieren konnten und für den einzelnen Urheber und für den einzelnen User eine deutliche Verschlechterung ergeben hat. Diese einseitige Bevorzugung der Verwerter, Verleger und Vermarkter können wir so nicht hinnehmen. Wir setzen uns dezidiert für die Stärkung der Rechte der Urheber und der Nutzer ein. Die politischen Rahmenbedingungen dafür, dass die Verwertungsgesellschaften ihre Lizensierungspraxis den durch die Digitalisierung entstandenen Veränderungen frei, urheber- und nutzerorientiert anpassen können, müssen wiederhergestellt werden.
Die gewachsenen Prozesse der Entscheidungsfindung innerhalb der Verwertungsgesellschaften sollten aufgrund von Sachkenntnis und Erfahrung wesentlich besser in der Lage sein, Veränderungen in die Tarifpolitik der Verwertungsgesellschaften zu integrieren. Aber dort, wo Verwertungsgesellschaften diese demokratischen Elemente vermissen lassen und professionell tätige Künstlern die Teilhabe an Entscheidungsprozessen weitestgehend vorenthalten bleibt, sind die Strukturen der Verwertungsgesellschaften durch die jeweiligen Aufsichtsbehörden zu überprüfen und gegebenenfalls Veränderungen einzufordern.
Die derzeit gültigen Verteilungsschlüssel kritisieren wir insoweit, als diese vor allem weniger bekannte bzw. kommerziell weniger erfolgreiche Künstlerinnen benachteiligen. Wir fordern daher die Verwertungsgesellschaften auf, ihre Verteilungsschlüssel zu prüfen und ggf. fairer und transparenter zu gestalten.
Sowohl Kulturschaffende als auch ihre Partner – die Verwerter – müssen im Verhältnis zu Dritten, den neuen Vermittlern im digitalen Raum, eine starke Position erhalten. Es ist aus grüner Sicht nicht tragbar, dass große Konzerne der digitalen Wirtschaft der Kulturwirtschaft und den Kulturschaffenden ihre Bedingungen diktieren können. Das System der tarifgestützten Lizensierung muss auch gegenüber global agierenden Werknutzern Bestand haben, und die Politik muss diese Nutzer zur Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen anhalten. Wenn Dritte ihre Geschäftsgrundlage ganz oder teilweise auf der Weiterverbreitung von Werken aufbauen, muss dies in dem Rahmen geschehen, den eine selbstbestimmte Kulturwirtschaft für ihre eigenen Werke bzw. die ihr anvertrauten Werke setzt.
Eine staatliche Verteilung der Vergütung für Kulturschaffende und ihre Partner läuft dem Prinzip der Selbstbestimmung zuwider. Kultur und Kulturnutzung ist vielfältig und lebendig und bedarf einer größtmöglichen Handlungsfreiheit der Schöpfer. Sie passt nicht in Formulare. Wir setzen uns allerdings für eine wirksame Kontrolle der verschiedenen Vergütungsmodelle und der Möglichkeit für Urheber und Nutzer ein, sich an einer neutralen, staatlichen Stelle über die gängigen Vergütungsmodelle beschweren zu können, bevor sie teure und aufwändige, juristische Schritte unternehmen müssen, um ihre berechtigten Forderungen durchzusetzen. Eine derartige Aufsichtsbehörde, möglichst schlank und effizient organisiert, kann einerseits helfen, den Druck auf die Vermittler hochzuhalten, andereseits die Verwerter zwingen, im Dialog mit den Urhebern zu bleiben und letztlich den Nutzern garantieren, dass sie fair behandelt werden.
Faire Märkte fördern
Kulturschaffende und die kleine und mittelständische Kulturwirtschaft, müssen oft mit großen internationalen Konzernen verhandeln und konkurrieren. Der Fall Google Books ist hier nur ein Beispiel unter vielen. Auch die unfaire Art und Weise, wie viele sog. Streamingservices oder Sharehoster mit dem Umstand umgehen, dass ihre Geschäftsgrundlagen weitreichend auf der unerlaubten Verbreitung von kulturellen Werken durch ihre Nutzer aufbauen, belegt, dass faire Angebote unter unfairer Konkurrenz leiden. „Contentmafia“ ist die treffendste Beschreibung für kriminelle Vereinigungen von professionellen Raubkopisten, wie beispielsweise die Fälle kino.to und Megaupload zeigen. Darüber hinaus existieren Angebote, welche die bestehenden Schranken des Urheberrechts in einer Art ausnutzen, die dem eigentlichen Zweck dieser Ausnahmen vom Schutz geistiger Werke widersprechen. Dazu gehören beispielsweise im Musik- und Hörspielbereich Services, die vorgeblich sog. intelligente Aufnahmesoftware einsetzen, um Nutzern kostenpflichtig die Möglichkeit zu bieten, an praktisch jede Tonaufnahme zu gelangen, die in Webradios oder den Streams traditioneller Radiosender gesendet wurde. Diese Services schütten keine Gelder an UrheberInnen und Rechteinhaber aus, stehen aber in direkter Konkurrenz zu fairen und mittlerweile etablierten legalen Angeboten. Im Sinne fairer Marktbedingungen sind hier rechtliche Maßnahmen und Anpassungen nötig.
Ziel grüner Politik im digitalen Raum muss die Schaffung eines fairen Ausgleichs zwischen den Interessen von UrheberInnen und WerknutzerInnen sein.
Fairer Umgang mit geistigem Eigentum
Basis eines fairen Ausgleichs der Interessen von Urheberinnen, Verwertern und Nutzern, ist die Anerkennung des geistigen Eigentums Kulturschaffender. Eine Umdeutung des Urheberrechts hin zu einem reinen Immaterialgüterrecht lehnen wir ab. Die UrheberIn oder auch eine als Urheber auftretende Gemeinschaft von Kulturschaffenden sind persönlich mit ihren Werken verbunden. Dies muss zur Folge haben, dass UrheberInnen ihre digitalen Werke schützen dürfen und vor der Entstellung oder missbräuchlichen Verwendung ihres Werks geschützt werden müssen, wenn sie das wollen. Ein ausschließlich ökonomisch gefasstes Immaterialgüterrecht würde dem Werk diese Eigenschaft absprechen. Dennoch muss auch der ökonomische Aspekt von Urheberrechten bei allen Reformbestrebungen berücksichtigt werden. Die Urheberin hat a priori nur ihr Werk, mit dessen Nutzung und Verbreitung sie ein Auskommen erwirtschaften kann. Dieses gilt und muss auch zukünftig als ihr Eigentum gelten.
UrheberInnen muss ein gewisser Schutz ihres Werks und ihren darin liegenden Investitionen garantiert sein. Ein Ende dieses Schutzes mit dem Tod einer UrheberIn oder noch zu Lebzeiten der UrheberIn – wie von verschiedenen Seiten gefordert – ist weder praktikabel noch gerecht. Die Arbeiten von UrheberInnen und Verwertern müssen für einen gewissen Zeitraum geschützt bleiben, selbst wenn die UrheberInnen verstorben sind. Erben von UrheberInnen dürfen gegenüber Erben materieller Güter nicht benachteiligt werden. Die weitestgehende Gleichbehandlung von SchöpferInnen körperlicher und unkörperlicher Leistungen und Werte im Bereich des Urheberrechtes muss beibehalten bleiben. Eine Schlechterstellung der Urheberinnen und Urheber verbietet sich schon aus menschenrechtlichen Gesichtspunkten und darf auch aus Gründen der Nachhaltigkeit, sowie des Respekts vor der Lebensleistung von Urheberinnen und Urhebern nicht grüne Forderung sein, zumal sie einer Vielzahl internationaler Abkommen widerspricht.
Den Begriff des Prosumers, also die Konstruktion einer UrheberIn zweiter Klasse, lehnen wir ab. Werke, die auf Ableitung bestehender Werke, deren Rekontextualisierung oder auf Zitaten beruhen, sind grundsätzlich dann vollwertige Werke, wenn eine gewisse Schöpfungshöhe erreicht ist. SchöpferInnen solcher Werke sind ohne Einschränkung als vollwertige UrheberInnen zu behandeln. Die notwendige Klärung von Bearbeitungsrechten ist gängige Praxis und berücksichtigt so insbesondere auch die persönlichkeitsrechtlichen Aspekte des Urheber- und Leistungsschutzrechts. Darüber hinaus ermöglicht der bestehende §24 UrhG schon zum gegenwärtigen Zeitpunkt weitreichende Nutzungen bestehender Werke im Rahmen der Schaffung neuer Werke. Eine Kodifizierung der existierenden Rechtsprechung zur sog. Schöpfungshöhe ist in unseren Augen wünschenswert, dient sie einer besseren Verständlichkeit des Rechts auch für Laien. Auch in diesem Zusammenhang unterstützen wir die Forderung der Kieler Bundesdelegiertenkonferenz, dass „das Urheberrecht … hinsichtlich seiner Verständlichkeit für Nutzerinnen und Nutzer verbessert werden“ muss.
Privatheit und Öffentlichkeit definieren
Es wird vielfach behauptet, man könne keine Werkrechte durchsetzen, die im privaten Raum verletzt werden. Das ist grundsätzlich dann richtig, wenn die Verletzung im Rahmen privater Kommunikation stattfindet. § 15 Abs. 3 UrhG bietet eine effektive Anlage zur Abgrenzung privater von öffentlicher Nutzung. Soweit die Veränderung des urheberrechtlichen Schutzes im Bereich des Privaten politisch gefordert wird, werden tragfähige Abgrenzungsmerkmale nicht hinreichend ausformuliert. Soweit hier eine Veränderung überhaupt erforderlich sein sollte, sprechen wir uns für eine klare und eindeutige an § 15 Abs. 3 UrhG orientierte Definition aus, die klar zum Ausdruck bringt, dass eine Handlung, die sich in einem öffentlichen, selbst wenn nicht für jeden oder nur für registrierte Nutzer zugänglichen Bereich ereignet, auch als öffentlich zu betrachten ist. Youtube ist eine hochkommerzielle Plattform. Ein Video auf Youtube ist folglich nicht privat, sondern erwirtschaftet einen kommerziellen Gewinn für den Vermittler und zunehmend auch den Uploader.
Die Rechte der Kulturschaffenden müssen im öffentlichen Raum durchsetzbar sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn aus der Werk- oder Leistungsnutzung ein Dritter einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt. Hier muss die Grenze staatlicher Regulierung gezogen werden. Im privaten Raum darf es keine staatlichen Eingriffe geben. Im öffentlichen Raum dagegen muss sich eine Nutzung den kodifizierten Rechten unterwerfen.
Für eine nachhaltige Kultur des Teilens
Insbesondere im Zusammenhang mit der Idee einer Reform der digitalen Privatkopieschranke ist eine Definition des Privaten von essentieller Bedeutung. Es muss Menschen möglich sein, Inhalte mit ihrer Familie und ihrem engeren Umfeld zu teilen, ohne dabei beobachtet, verfolgt und belangt zu werden. Das beinhaltet auch, eine geringe Anzahl von Kopien vom eigenen Original an nahestehende Personen weiterzugeben. Dies ist gelebte Praxis und führt im Großen und Ganzen zu keinen oder nur geringen volkswirtschaftlichen Schäden. Technische Maßnahmen, wie digitales Rechtemanagement (DRM), die diese Kopien für den ausschließlich privaten Gebrauch verunmöglichen, dürfen nicht rechtlich legitimiert werden. Allerdings ist insbesondere im professionellen Umfeld eine technische Umsetzung von transparent dargelegten Lizenzbedingungen nach wie vor unkritisch. Wir weisen darauf hin, dass die im Beschluss der Bundesdelegiertenkonferenz in Kiel geforderte Wiederveräußerbarkeit von digitalen Gütern mit einer vollständigen Ablehnung von digitalem Rechtemanagement aus technischen und praktischen Gründen nicht vereinbar ist. Es muss vielmehr der zunehmende Umgang mit Lizenzen, welcher durch den digitalen Wandel nun auch zunehmend Privatpersonen betrifft, im Rahmen einer Stärkung von Medienkompetenz gesellschaftlich erlernt werden. Auf der einen Seite die Digitalisierung als fundamentale Veränderung der gesellschaftlichen, technischen und ökonomischen Umwelt zu postulieren und sich der Notwendigkeit des Erlernens neuer Kulturtechniken, wie dem Umgang mit Lizenzen, an Stelle des Umgangs mit materiellen Datenträgern zu verschließen, ist weder zukunftsfähig noch netzkompetent.
Die Praxis des Teilens im engsten Kreis auf die gesamte vernetze Welt zu übertragen, kann aber keine nachhaltige Politik sein. Die Verbreitung von Werken im öffentlichen Raum ohne die Zustimmung des Rechteinhabers ist eine widerrechtliche Handlung. Rechtliche Bestrebungen, dies zu unterbinden, sind keine Kriminalisierung von Nutzern, sondern dienen der Durchsetzung legitimer Interessen von Kulturschaffenden und ihren Partnern. Sie dienen somit auch einer nachhaltigen Politik im digitalen Raum für die gesamte Gesellschaft. Wir sprechen uns dagegen aus, dies als Kriminalisierung zu bezeichnen. Die ökonomischen und kulturellen Konsequenzen einer ungezügelten Praxis der widerrechtlichen Verbreitung sind schon heute offensichtlich und besorgniserregend in ihren Folgen für Kulturschaffende und ihre Partner. Dabei ist es unerheblich, ob eine Kopie analog oder digital erstellt wurde.
Umgang mit Rechten nachhaltig gestalten
Wir teilen die im Beschluss der Bundesdelegiertenkonferenz formulierte Sorge, dass „zahlreiche „neue Verwerter“ im Internet vom Vertrieb kreativer Werke profitieren, ohne KünstlerInnen entsprechend zu beteiligen und in deren Förderung zu investieren.“ Faire Märkte für kulturelle Werke können sich nur dann entwickeln, wenn die Rechte der Kulturschaffenden gewährleistet sind. Werkrechte werden zurzeit in Kleinverfahren oder Abmahnungen gegen einzelne Endnutzer durchgesetzt. Dies ist mit einem erheblichen Aufwand für die Kulturschaffenden und die Justiz verbunden und hat vielfach dazu geführt, dass Endnutzer mit erheblichen zivilrechtlichen Konsequenzen konfrontiert waren.
Viele Vorschläge zur Rechtsdurchsetzung von Urheberrechten sind bisher nicht mit einem freiheitlichen Umgang im Internet vereinbar gewesen. Rechte in nachhaltiger Weise durchzusetzen, heißt, Wege für eine Durchsetzung zu suchen, die keine Kollateralschäden an Freiheits- und Bürgerrechten bewirken.
Der Beschluss der Bundesdelegiertenkonferenz vom 27.11.2011 in Kiel fordert, dass wir „die UrheberInnen stärken – auch gegenüber VerwerterInnen und VermarkterInnen ihrer Inhalte – und ihnen einen angemessenen finanziellen Ausgleich für die Nutzung ihrer urheberrechtliche geschützten Inhalte insbesondere auch im Internet ermöglichen.“ Daran müssen sich alle Bestrebungen orientieren, die wir zur Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage von UrheberInnen unternehmen.
Der Beschluss der Delegiertenkonferenz fordert ebenfalls, „bei unserer ergebnisoffenen Prüfung [von Pauschalvergütungsmodellen] alternative Ansätze aber nicht aus dem Blick zu nehmen.“ Falls die Neuschaffung eines Kompensationssystem zur Vermeidung von wirtschaftlichen Schäden auf Seiten der Urheber und Leistungsschutzrechtsberechtigen erwogen wird, muss sichergestellt werden, dass hierdurch keine Gefährdung von Systemen der individuellen Lizensierung und Vergütung über legal agierende Anbieter entsteht und auch in diesen Kompensationssystemen anonymisiert Nutzungsdaten erfasst sowie zur Grundlage von Verteilungssystemen gemacht werden können. Nur durch die nutzungsbezogene Vergütung kann dem Anspruch an eine angemessene Vergütung entsprochen werden.
Die illegale Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Werken erfolgt zu einem großen Teil über sog. Sharehoster und Streamingservices sowie Foren, die sich gezielt der Anonymität der Anbieter und Nutzer bedienen, die im Rahmen des abgestuften Haftungsregimes als Hostprovider gelten. Dabei laden Nutzer Werke Dritter auf das Angebot dieser Hosts hoch und verlinken diese anschließend auf sog. Sharingpoints. Sharingpoints sind zumeist Foren oder spezielle Boards mit eigener Suchmaschine. Ein Nutzer, der eine solche Datei sucht, findet auf einem Sharingpoint einen entsprechenden Link, der ihn dann zur gesuchten Datei oder zum gesuchten Stream bei einem Host führt.
Das Hauptproblem bei der Gestaltung eines angemessenen Rechtsrahmens war bisher, dass die rechtliche Einordnung von Angeboten in bestimmte Kategorien ungünstig gewählt wurde. Es wird gegenwärtig zwischen drei verschiedenen Providertypen unterschieden. Accessprovider stellen lediglich die Infrastruktur für den Zugang zum Netz her und haften nicht für die Daten, die von ihnen durchgeleitet werden. Hostprovider stellen Angebote zur Verfügung, mit denen ihre Nutzer eigene Inhalte, wie einzelne Dateien oder ganze Websites und Webapplikationen veröffentlichen können. Hostprovider haften als sog. „Störer“, sind also lediglich verpflichtet, eine missbräuchliche Verwendung ihrer Angebote abzustellen. Contentprovider stellen eigene Inhalte zur Verfügung und haften vollumfänglich für ihre Angebote.
Derzeit werden Provider, die es anonymen Nutzern erlauben, im Rahmen ihres Angebots Inhalte zu verbreiten, als Hostprovider eingestuft. Dies äußerte sich in einer Situation, in der es Anbietern möglich war, anonymen Nutzern die Möglichkeit zu geben, widerrechtlich Werke Dritter zu verbreiten, ohne dass diese Anbieter rechtliche Konsequenzen befürchten mussten. Von diesen Hostprovidern wurde lediglich verlangt, die widerrechtlichen Uploads ihrer Nutzer zu entfernen. Die sich illegal verhaltende Nutzerin bleibt anonym und kann weder straf- noch zivilrechtlich für die Folgen ihres Handelns belangt werden.
Da das Entfernen eines solchen Uploads bedeutet, dass lediglich ein Link auf einen widerrechtlichen Inhalt ins Leere laufen muss, ergibt sich ein weiteres Problem. In der Praxis wird von bewusst in der rechtlichen Grauzone operierenden Hostprovidern häufig nur die Adresse (URL) geändert, unter der die Werke zu erreichen sind. Es muss lediglich eine neue Verlinkung vorgenommen werden, um den Inhalt wieder verfügbar zu machen. Wie der Fall des Sharingpoints kino.to exemplarisch gezeigt hat, arbeiten besagte Hostprovider direkt mit den entsprechenden Sharingpoints zusammen, die automatisiert und innerhalb von Sekunden diese neue Verlinkung auffindbar und für ihre Nutzerinnen verfügbar machen.
Die Verpflichtung von Hostprovidern, lediglich widerrechtliche Inhalte auf der Basis von bestimmten Links zu entfernen, ist im Sinne einer effektiven Durchsetzung von Rechten im digitalen Raum vollkommen untauglich. Denn es wird dadurch keine Verantwortlichkeit für die Urheberrechtsverletzungen im öffentlichen Raum geschaffen, noch wird die Tätigkeit fragwürdiger Modelle im Graubereich behindert. Eine Lösung für dieses Problem muss sich gleichermaßen an einer effektiven Zuweisung von Verantwortung als auch einer größtmöglichen Erhaltung anonymer und pseudonymer Kommunikationsräume messen lassen.
Rechtsdurchsetzung im Digitalen muss immer im internationalen Maßstab gedacht und durchgeführt werden. Die Bundesrepublik Deutschland kann hier eine europäische Vorreiterrolle übernehmen und muss sich für eine gesamteuropäische Lösung einsetzen. Das Ziel einer Neubewertung von Angeboten im Netz muss sein, die bisher bestehenden Probleme durch Zuweisung von Verantwortlichkeit zu lösen.
Ein anderer Weg für die widerrechtliche Verbreitung von Werken sind die sog. Peer to Peer Filesharingnetze. Hier tauschen Nutzerinnen Dateien über eine Software untereinander. Die bisherigen Regelungen im Urheberrecht, insbesondere der im sog. 2. Korb der Urheberrechtsreform festgeschriebene zivilrechtliche Auskunftsanspruch der Rechteinhaber gegenüber der sog. Accessprovider hat hier schon massiv zu einer Reduktion der illegalen Verbreitung von Werken beigetragen.
Im Rahmen dieser Regelung ist es Rechteinhabern möglich, mit Hilfe von ihnen selbst ermittelten IP-Adressen aktiv illegal verbreitender Nutzerinnen bei Accessprovidern den Klarnamen der entsprechenden Anschlussinhaberin zu erfragen. Mit diesem ist nun eine Abmahnung des Anschlussinhabers bzw. Einleitung eines zivilrechtlichen Verfahrens möglich. Diese Regelung hat neben den nachweislich positiven Auswirkungen für die Rechteinhaber allerdings zu einer großen Zahl von Abmahnungen gegen Endnutzer geführt. Außerdem hat sie dazu geführt, dass sich neben seriösen Dienstleistern, die solche Verfahren für die Kreativwirtschaft führen, ein kommerzielles Abmahnwesen außerhalb der Grenzen der Seriosität entwickeln konnte. Um die mit der bisherigen Regelung verbundenen Probleme und Seiteneffekte zu lösen, fordern wir eine alternative Lösung für die Rechtsdurchsetzung in diesem Bereich.
Grüne Politik heißt, kreative Lösungen zu entwickeln, die Alternativen zu eindimensionalen Forderungen nach totaler Deregulierung der Gesetzeslücken ausnutzenden Minderheit innerhalb der Netzöffentlichkeit oder der von konservativer Seite geforderten „Law and Order -Politik“ aufzeigen. Die Durchsetzung von Rechten im digitalen Raum ohne eine Beschneidung von Bürgerrechten ist möglich, wichtig und zeitnah zu gewährleisten.
Verwaiste und vergriffene Werke
Sind ein Urheber oder eine Urheberin eines Werks bzw. deren Erben nicht auffindbar, kann dies dazu führen, dass dieses Werk der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist ‑ es verwaist. Dieses Problem taucht vor allem im Rahmen der Digitalisierung von Werken für die Deutsche Digitale Bibliothek und die Europeana auf. Archive sind rechtlich nicht befugt, verwaiste Werke zu digitalisieren bzw. der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, da weder klar ist, ob jemand und wenn ja, dann wer für diese Form der Nutzung vergütet werden muss respektive eine derartige Veröffentlichung nicht wünscht.
Häufig wird die Forderung nach einer Verkürzung der Schutzfristen mit dieser Situation begründet. Im aktuellen Antrag der grünen Bundestagsfraktion „Rechtssicherheit für verwaiste Werke herstellen und den Ausbau der Deutschen Digitalen Bibliothek auf ein solides Fundament stellen (BT-Drs. 17/8164)“ wird eine Lösung für dieses Problem auf Basis eines Richtlinienvorschlags des Europäischen Parlaments beschrieben. Der im Antrag formulierte Lösungsansatz kommt ohne eine Verkürzung von Schutzfristen aus und stellt dennoch Rechtssicherheit im Umgang mit verwaisten Werken her. Wir weisen an dieser Stelle ausdrücklich darauf hin, dass im Rahmen internationaler Abkommen wie der revidierten Berner Übereinkunft (RBÜ) und das Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte geistigen Eigentums (TRIPS) keine Verkürzung der Schutzfristen auf weniger als 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers möglich ist.
Das Problemfeld verwaister und vergriffener Werke erfordert eine harmonisierte europäische Lösung. Werke, die im Verdacht stehen, verwaist zu sein, sollten von Archiven und Bibliotheken nach Durchführung einer sorgfältigen Suche nach der Rechteinhaberin im Land der Erstveröffentlichung als verwaist deklariert werden können. Dieser Status als „verwaistes Werk“ muss anschließend in allen Mitgliedsstaaten der europäischen Union Gültigkeit haben. Als verwaist deklarierte Werke müssen anschließend in einer europaweit öffentlich zugänglichen Datenbank erfasst werden, um Rechteinhabern die Möglichkeit zu geben, bei fälschlich angenommenem Waisenstatus Einspruch einlegen zu können. Innerhalb einer Frist von zehn Jahren ab Feststellung der Verwaisung sollen etwaige Einnahmen aus der Verbreitung eines solchen Werks von einer entsprechenden Verwertungsgesellschaft im Land der Erstveröffentlichung festgehalten und im Falle des Einspruchs eines legitimen Rechtinhabers an diesen ausgeschüttet werden. Nach Ablauf dieser Frist sind diese Einnahmen den Sozialwerken der Verwertungsgesellschaft zu übertragen.
Eine der wichtigsten Neuerungen, welche die Digitalisierung mit sich bringt, ist die Möglichkeit, alle digitalisierbaren Werke mit minimalem Aufwand verfügbar zu machen. Dem Auftrag der Bundesdelegiertenkonferenz, zu prüfen „inwieweit das Urhebervertragsrecht zu Gunsten der Urheber so verändert werden kann, dass die Übertragung von Rechten für maximal nur 20 Jahre erfolgt“ stellen wir unseren Auftrag zur Seite, zu prüfen, inwieweit es sinnvoll ist, eine Use-It-Or-Loose-It-Mechanik für übertragene Werkrechte im Urheberrecht zu verankern. Diese würde Werkrechte, die von einer UrheberIn an einen Verwerter übertragen wurden, an deren kommerzielle oder nicht kommerzielle Verbreitung knüpfen, mit dem Ziel, der Unternutzung von Werken vorzubeugen. Würde also ein Verwerter ein ihm zur Nutzung überantwortetes Werk nicht innerhalb einer angemessenen Frist verfügbar machen, würden die Nutzungsrechte automatisch wieder an den Urheber oder Lizenzgeber zurückfallen. Ist der Rechteinhaber nicht auffindbar, würde dieses Werk wie ein potenziell verwaistes Werk behandelt.
Die BAG-Kultur empfiehlt im Rahmen von grünen Urheberrechtsreformen folgende Vorschläge:
- Beibehaltung der im Abkommen über handelsbezogene Aspekte geistigen Eigentums (TRIPS) und der Revidierten Berner Übereinkunft (RBÜ) vorgesehene Dauer der Schutzfristen
- Anpassung der Haftungsprivilegien für Hostprovider in Richtung zuweisbarer Verantwortlichkeit bei Rechtsverstößen
- Wie schon Computer- und Internet(bedien)kompetenz in den Schulen gefordert und gefördert wird, sollen auch rechtsrelevante Fragen der Internetnutzung auf den Lehrplan. Lehrpersonal und SchülerInnen müssen sich mit der Frage des Urheberrechts und der freien und der geschützten Inhalte auseinandersetzen.
- Verteilungsgerechtigkeit: Aus kulturpolitischer Sicht gibt es bei den bestehenden Verteilungsmechanismen der Verwertungsgesellschaften Reformbedarf, z.B. inwiefern die unterschiedliche Gewichtung verschiedener Formen von Musik wie die Trennung zwischen „U“ (= Unterhaltungsmusik) und „E“ (= Ernste Musik) als Verteilungskriterium der GEMA im Sinne einer transparenten Rechtewahrnehmung tauglich ist? Das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz verpflichtet die Verwertungsgesellschaften, einen Anteil ihrer Einnahmen sozialen und kulturellen Zwecken zuzuführen. Es muss geprüft werden, ob die einzelnen Verwertungsgesellschaften dieser Verpflichtung in ausreichendem Maße nachgehen
- Gesetzliche Anpassungen von § 32 und §32a UrhG im Sinne von Transparenz und einer besseren Durchsetzbarkeit der angemessenen Vergütung von Urhebern und Leistungsschutzberechtigten. Damit verbunden muss die Möglichkeit einer verbindlichen Erfolgsgrenze bei Buyout-Verträgen konkretisiert werden
- Branchenspezifischer Mindestbeteiligungsanspruch
- Um Ausbeutung zu verhindern, sollten öffentlich finanzierte Verwerter (z.B. öffentlicher Rundfunk und Fernsehen) an UrheberInnen und InterpretInnen einen branchenspezifischen Mindestanteil an den Einnahmen zahlen
- Prüfung einer Use-it-or-loose-it-Regelung: Nutzt ein Verwerter die ihm übertragenen Nutzungsrechte (z.B. für Rundfunk und Fernsehen) nicht in einem festgelegten zeitlichen Rahmen (z.B. zwei Jahre), fallen diese Verwertungsrechte wieder zurück an den/die UrheberIn bzw. den lizenzierenden Rechteinhaber
- Einrichtung eines Nutzungsrechtes bei gleichzeitiger Vergütungspflicht für verwaiste Werke, gekoppelt an die Bedingung, die Vergütung bei Nichtermittelbarkeit der Anspruchsberechtigten sozial bedürftigen Künstlern zu Gute kommen zu lassen.
- Eine Beteiligung der betroffenen SchöpferInnen, VerwerterInnen und NutzerInnen bei der Ausverhandlung internationaler Verträge zum Schutz geistigen Eigentums, um – im Gegensatz zu ACTA – eine transparente und faire rechtliche Grundlage zu finden.
- Die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit die Urheber selbstbestimmt entscheiden und umentscheiden können, was mit ihren Werken geschieht.
- Die gängige Abmahnpraxis zu entschärfen und in die Verantwortung der Urheber-Innen, Verwerter und Verwertungsgesellschaften zu legen, um den Missbrauch zu erschweren.
UnterstützerInnen:
Bundesarbeitsgemeinschaft Kultur von Bündnis90/DIE GRÜNEN sowie Stephan Benn (KV Köln), Christine Fuchs (KV Ingolstadt), Elmar Gillet (KV Rhein Erft), Alexander Koch (KV Charlottenburg Wilmersdorf), Helga Trüpel (KV Bremen Mitte / östl. Vorstadt), Agnes Krumwiede (KV Ingolstadt), Christian Möller (KV Bonn), Sabine Pakulat (KV Köln), Lukas Schneider (KV Gelsenkirchen), Antonia Simon (KV Charlottenburg Wilmersdorf), Thomas Hampel (KV Kreisfrei Berlin), Carsten Werner (KV Bremen Mitte / östl. Vorstadt)
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